Hallo ihr Lieben, heute mal ein etwas anderer Blogeintrag für euch…


An unseren Arbeitstagen verbringen wir unsere Mittagspause bei Father Laurence und Father Samuel, um mit ihnen gemeinsam zu essen. Wie schon im letzten Blogeintrag beschrieben, haben wir dort die Möglichkeit, viele lokale Gerichte zu probieren. Diese werden von der Köchin Rita jeden Tag frisch zubereitet, was wir sehr genießen. Um nicht nur ghanaisch zu essen, sondern auch das Zubereiten der Speisen zu lernen, haben wir nun schon an zwei Samstagen gemeinsam gekocht. Das erste Mal gab es Jollof Rice; frittierter Reis mit einer Fleischsuppe.
Obwohl viele ghanaische Gerichte mit Fleisch oder Fisch zubereitet werden, kommen wir beide als Vegetarier gut aus. Zwar sorgen unsere Essgewohnheiten immer für Verwunderung und einen lustigen Spruch, aber solange man nicht pingelig ist und das Fleisch aus den Suppen rausnimmt haben wir noch keinen getroffen, der sich daran stört. Deswegen werden wir uns das Gericht gut merken und demnächst einfach in einer vegetarischen Variante kochen. 


Rita beim Zubereiten von FuFu

Da nicht nur wir uns motiviert zeigten, neue Gerichte zu lernen, sondern auch Rita Lust hatte ihr Rezeptrepertoire zu erweitern,  haben wir uns gestern daran versucht selber Gnocchis zu machen.  Obwohl Gnoochies normalerweise aus Kartoffeln hergestellt werden, wir aber keine zu einem guten Preis finden konnten, sind wir auf die Yamwurzel umgestiegen. 
Diese brauchten wir auch, um von Rita das ghanaische Gericht Fufu  zu lernen. Fufu besteht aus Yam, Cassavawurzeln und oder Kochbananen, welches mit einem traditionellen Stampfer zu einem runden Ball verarbeitet wird. Die anfängliche Begeisterung, auch mal zu stampfen, flachte schnell ab, als wir merkten wie anstengend es ist. 
Neben vor sich hinköchelnden Yam und starken Regengüssen ergab sich ein gemütliches Beisammensein, bei dem wir viel über Ritas Leben erfahren haben.
Wir möchten auf diesem Blog nicht nur unsere Erfahrungen schildern, sondern auch die Menschen vorstellen, die uns täglich begegnen und unser Leben hier in Ghana bereichern. Wir haben Rita gefragt, ob wir das Gespräch aufnehmen können und versuchen mit ihrer Absprache ihre subjektiven Erfahrungen möglichst nah wiederzugeben.
In einigen Abschnitten möchten wir Rita direkt zu Wort kommen lassen.


Die 51-jährige Rita trägt in ihrer lokalen Sprache den Namen Katiga. Zusammen mit ihrem Zwillingsbruder ist sie am 28. August 1968 in Navrongo geboren. Dort wird die Sprache Kasim gesprochen. Während der Name ihres Bruders „der Große“ bedeutet heißt Katiga übersetzt „die Kleine“. 
Mittlerweile ist sie jedoch die Älteste ihrer drei Brüdern und zwei Schwestern, da ihr älterer Bruder verstorben ist. 
Ihr Vater arbeitete damals als Polizist während Ritas Mutter sich um den Haushalt und die Erziehung kümmerte. 

Mit 8 Jahren fing sie an, Seife auf der Straße zu verkaufen. Damals träumte sie schon davon, später einen Job zu finden, in dem sie Kuchen backen und verzieren konnte. Obwohl sie von ihrer Mutter das Kochen zuhause nicht gelernt hat, fiel es ihr schon immer leicht, neue Gerichte zu lernen und sie mit Freude zuzubereiten. 
Da die Familie nicht viel Geld besaß konnte Rita die Primary School nur bis zur 4. Klasse besuchen. Ihre drei Brüder hingegen hatten die Möglichkeit, die Schule zu beenden. Rita beschreibt die Situation so, dass häufig Mädchen die schulische Bildung aufgrund einer frühen Heirat nicht abschließen durften. Für die Verehelichung bekamen Familien eine Geldsumme oder Tiere wie beispielsweise Kühe, wodurch wiederum die Schulbildung für die Brüder und die Ernährung der Kinder finanziert werden konnte. 

„I married early. I was about 15 years when I was married. {…} The family choose. He was at that time 46 years and I was 15 years. He died with 69.“

„The marriage, that’s the thing what I don’t like in my life. Because it pained me a lot. It is not a person that I loved. I got through a lot of dark places.“

„I left the husband and went to Kumasi (…) because he was maltreating me a lot. I had to leave him and run to Kumasi. (…) at that time I had two children. I left them here (…) with my husband“

In Kumasi lernte sie  eine Familie aus dem Libanon kennen, die sie aufnahm und ihr das Kochen beibrachte. Im Gegenzug passte sie auf das Baby auf. Bei ihnen fühlte sich Rita sehr wohl und wurde gut behandelt. ,,They send me to a supermarket and go and buy me clothes and buy me a lot of things. (…) I was wearing only one dress like this. I didn’t have a bag. I didn’t have anything.’’ 

Und durch einen Zufall wurde sie dort auch als Köchin angestellt:

“The cook was there, but the cook was liking salt. So, one day we went to town and came back and she said Rita. »Please, can you cook rice for us to eat.«Then I cooked it. and she said »oooh«. She let the cook go and pick me. As her cook.“
Sie verbrachte 4 Monate bei ihnen in Kumasi, danach entschied sich die Familie 1995 zurück in den Libanon zu gehen. Rita ging mit ihnen und kehrte nach 5 Jahren gemeinsam mit der Familie zurück nach Ghana. Auch heutzutage steht sie noch in Kontakt mit ihnen.
Ihre eigene Familie war mit der Entscheidung, ihren Ehemann zu verlassen und sich auf den Weg zu machen nicht einverstanden.Sie forderten sie auf zurückzukommen. Heutzutage hat sich das Verhältnis zu ihrer Familie wieder verbessert, die weiterhin in Navrongo wohnt. 

Mittlerweile hat Rita drei Kinder und betont dabei, dass sich die Zeiten und Umstände in ghanaeschen Familien stark verändert haben. Ihr jüngster Sohn Augusto ist 15 Jahre alt, saß mit in der Küche und hat einige Dinge im Gespräch übersetzt. Ihre älteste Tochter lebt mit ihrem 1-jährigen Kind und ghanaischen Ehemann in Kanada. Sie arbeitet dort als Krankenschwester.Die mittlere Tochter ist 26 Jahre alt, ihre beiden Kinder verbringen viel Zeit bei Rita in der Küche und waren am Samstag auch mit dabei.  


Rita mit ihren Enkelkindern

In Bolgatanga hatte Rita vorerst keinen Job, besuchte an Sonntagen jedoch regelmäßig die Messe und wurde nach einiger Zeit angesprochen, ob sie nicht als Köchin beim Priester arbeiten wolle.
Seitdem arbeitet sie 6 Tage die Woche von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends, solange sie bis dahin alle ihre Aufgaben erledigt hat.Sie bereitet täglich Frühstück, warmes Mittag- und Abendessen vor, auf eingeladene Gäste muss sie spontan reagieren. Freitags muss Rita nicht arbeiten und nutzt ihren freien Tag, um sich auszuruhen und auszuschlafen. Für ihre Arbeit bekommt sie 300 GHS im Monat. Umgerechnet sind das ca. 51€. Wirklich genug, um davon gut zu leben ist das nicht, erzählt Rita uns. Trotzdem ist sie froh, ohne Schulbildung, Ausbildung oder Zertifikate einen Job zu haben, der ihr Spaß macht und ihren Interessen entspricht. Da sie viel Zeit in der Küche der Priester verbringt, spielt sich einiges an Familienleben hier ab. Ihr Sohn, ihre Enkelkinder und ihre Nichte wuseln um sie herum und halten in vielen Situationen eine helfende Hand bereit    











































Uns ist bewusst, dass wir Ritas Geschichte in diesem kurzen Bericht nicht gerecht werden, weshalb uns das Schreiben des Eintrages sehr schwer fiel und wir uns immer noch nicht sicher sind, ob es die richtige Entscheidung war, diesen Text zu veröffentlichen. Uns hat das Gespräch mit Rita jedoch sehr zum Nachdenken angeregt und unseren Blick auf Ghana noch einmal erweitert. Vielleicht ist das der Grund, weshalb wir Ritas Geschichte mit euch teilen wollten.

Damit verabschieden wir uns und melden uns demnächst wieder, 

Chris und Lene







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