Wuntɛŋa (Good
afternoon)!
Langsam, aber stetig bauen wir uns immer mehr einen
ghanaischen Alltag auf. Obwohl es viele Kleinigkeiten sind, sind es Themen und
Gefühle, die wir gerne mit euch teilen wollen. In den letzten vier Wochen haben
wir viel erlebt und in einigen Dingen schon eine richtige Routine gefunden.
Obwohl uns auf den Vorbereitungsseminaren oft gesagt wurde,
dass es normal ist, wenn anfänglich Langeweile aufkommt, hatten wir bis jetzt
immer viel zu tun. Unsere Tage jedoch waren bestimmt immer 4 Stunde kürzer als
in Deutschland, weil wir merkten, wie dringend wir Schlaf nach den vielen
Eindrücken doch brauchten.
Nachdem wir uns in unseren Zimmern und in der Gemeinde
eingelebt haben, fing vor 2 Wochen unsere Arbeit in dem OLA (Our Lady Queen of Africa) – Schulkomplex
an.
Eine ganz neue Situation für die Schule wie auch uns. Für
die Schule das erste Mal die Arbeit mit Freiwilligen. Und für uns als frisch
gebackene Abiturienten einen Rollenwechsel in die Perspektive eines Lehrers.
Wir wurden von allen herzlich willkommen und als Lehrpersonal
in den verschiedenen Klassen vorgestellt. Der Schulkomplex besteht aus einer Nursury Class, in den Kindern ab 3 Jahren
betreut werden, aus 2 Kindergarden
Classes, in denen 4-6-jährige Kinder mit Liedern und Bewegung das ABC,
Zahlen und grundlegende Werte erlernen sollen. Da viele Kinder zuhause nur die
lokalen Sprachen sprechen liegt hier der besondere Fokus auf dem Erlernen der
englischen Sprache.
Auch Primary Classes
befinden sich in dem Gebäudekomplex, welche 6 Schuljahre umfasst und eine Art
Grundschule darstellt.
In einem nahegelegenen Gebäude finden noch Secondary Classes statt, mit denen wir
aber nicht arbeiten werden.
Nach einem Gespräch mit dem Headmaster wurde Lene der Primary 3 Class und Hannah der Primary 2 Class zugeteilt. Die ersten
Tage in dieser Einteilung sind uns beiden schwergefallen, da die Klassen bis zu
50 Kindern beinhalten und die Lehrer Gewalt anwenden, um die Kinder ruhig zu
halten. Zudem waren unsere Aufgaben nicht klar definiert, sodass wir in Momenten,
in denen wir ohne die Anwesenheit des Lehrpersonals die Klasse unterrichten
sollten, schlichtweg überfordert waren. Außerdem war es schwer, ein
Gleichgewicht zwischen unser Aufgabe als Respektperson und der
nachvollziehbaren Aufregung der Kinder zu finden. Diese wollten unsere Haare
und Haut berühren und wir hörten aus allen Ecken unseren Spitznamen „Solemia“ (FraFra für weiße Person).
Hinzu kam, dass nach den längeren Sommerferien noch kein
fester Stundenplan und Curriculum vorhanden war und Vieles noch organisiert
werden musste. Dieser Sprung ins kalte Wasser hat uns in den ersten Tagen viel
Energie geraubt.
In den Vorbereitungsseminaren wurde uns immer wieder gesagt,
dass unser Freiwilligendienst nicht dazu da ist, eine*n Lehrer*in zu ersetzen,
was wir mit unseren Kapazitäten auch gar nicht leisten könnten. Deswegen
suchten wir erneut das Gespräch sowohl zu den Lehrern, als auch zum Headmaster,
um unsere ursprüngliche Idee von Extraclasses
zu besprechen.
Extraclasses – das
heißt, besonders mit den Kindern, die aufgrund der Klassengröße oder
Lernschwierigkeiten nicht mitkommen, separat und in einem langsameren Tempo zu
arbeiten. Bis jetzt haben wir erstmal zwei feste Gruppen zusammengestellt,
welche aus 5 Schülern*innen aus PE2 und PE3 bestehen. Seitdem wir einen
Gemeinderaum zur Verfügung gestellt bekommen haben, läuft unser Projekt langsam
an.
Montags bis donnerstags beginnt unser Tag um zehn vor sieben
mit einer zehnminütigen Yogaeinheit, die uns gut in den Tag starten lässt.
Danach gibt es Weizentoast mit Avocado oder Ei zusammen mit frischen Früchten,
die man hier gut auf dem lokalen Markt einkaufen kann. Beispielsweise haben wir
unsere Liebe zu Papayas und Guavas entdeckt. Nach einem leckeren Instant-Kaffee
bestreiten wir unseren bescheidenen Fußweg von einer Minute zu dem
Schulkomplex. Trotz des kurzen Weges treffen wir auf Kühe, Ziegen, Schweine, Katzen,
Hunde, Hühner, Frösche oder Geckos, aber bis jetzt haben wir noch keine
Besitzer angetroffen.
Jeden Morgen werden wir nicht nur von Tieren, sondern auch von
vielen Kindern lieb begrüßt. Langsam wandelt sich der eher oberflächliche
Spitzname „Solemia“ zu einem „Madam
Hannah“ und „Madam Lene“. Von halb acht bis acht räumen die Kinder die
Klassenzimmer und das Gelände auf.
In der Regenzeit (April-September) kann es jedoch passieren,
dass aufgrund starken Regens der Schulweg beispielsweise durch Flüsse erschwert
wird. Wir wunderten uns an einem Morgen, dass um 8 Uhr nur wenige Schüler
anwesend waren und sowohl Kinder als auch Lehrer erst nach und nach, oder erst
Stunden später erschienen.
Ein Schultag ist in drei Blöcke eingeteilt: Jede
Unterrichtseinheit dauert zwei Stunden, worauf eine halbstündige Pause folgt
und der Unterricht um 15 Uhr endet. Um 8 Uhr suchten wir uns die 5 Schüler aus
Primary 3 raus, fragten das Lehrpersonal nach den zu bewältigten Aufgaben und
achteten darauf, dass auch jedes Kind sein Schulmaterial zur Verfügung hat. Dies
stellte in den letzten Wochen eine Herausforderung dar, da nicht jedes Kind
schon Schulbücher und Stifte zur Verfügung hatte. Deswegen kauften wir aus
unserem eigenen Budget einige Hefte und Stifte zum Ausleihen.
In unseren mussten wir uns einen Überblick darüber
verschaffen, auf welchen Lernstand die jeweiligen Kinder sich befinden. Das
Aufschreiben des ABCs und Zahlenreihen ergänzten wir durch einige spielerische
Elemente wie Eckenrechnen oder Kartenspiele wie das seitdem heiß geliebte
UNO-Spiel.
Die Pause um 10 Uhr wird von den Kindern genutzt, um das
mitgebrachte oder das auf dem Schulgelände erwerbbare Essen zu genießen. Im
Gegensatz zu Frühstückspausen in Deutschland gibt es hier schon am Morgen Reis-
oder Nudelgerichte. Auch wir probierten uns an dem Essen, welches einige Frauen
auf dem Campus an Ständen zubereiten und verkaufen. Beispielsweise aßen wir
frittierte Teigbälle, kuchenähnliches Gebäck oder auch frittiertes Yam mit
einer scharfen Soße. Yam ist eine braune Wurzel, die ähnlich wie Kartoffeln
zubereitet wird und auch ein bisschen so schmeckt. Wie Lene es einmal
beschrieben hat, ist Yam mit Gemüse das „deutscheste Essen, was wir in Ghana
bis jetzt gegessen haben“.
Nach einer Extraclass
von halb elf bis halb eins mit den Kindern aus PE2 sind wir zum Mittagessen bei
Father Laurence und Samuel eingeladen, die auch auf dem Gemeindecampus wohnen.
Hier haben wir schon viele ghanaische Spezialitäten probiert. Sei es Fufu, RedRed, Riceballs (Father Laurence
Lieblingsessen, welches an keinem Sonntag fehlen darf) oder Kenkey. Häufig besteht das Essen hier
aus einem sattmachenden, für uns nach wenig schmeckenden und reichhaltigen Ball,
der mit einer leckeren und stark gewürzten Soße serviert wird.
Nicht nur beim
Essen (Fufu, RedRed) fiel auf, dass Namen
gerne verdoppelt werden. Wir hörten oft, dass wir am Anfang „smallsmall“ essen sollen, um unseren
Magen nicht zu überfordern, oder das wir „fastfast“
das Uno-Spiel holen sollten. YellowYellows,
gelbe Tricycles, bringen uns
zuverlässig zu unseren Ausflugszielen. Aber wie soll es auch anders sein bei
einer Sprache, die FraFra heißt
Unser Schultag endet um 15 Uhr nach der letzten und auch
anstrengendsten Extraclass, da häufig
die Luft am Ende raus ist und die Konzentration sowohl bei den Kindern als auch
bei uns abnimmt.
Zum Glück gibt es hier viele Möglichkeiten, nachmittags am
Gemeindeleben teilzunehmen und abzuschalten. Egal wo wir hinkommen werden wir
mit den Worten „You are welcome“ begrüßt, was sich nicht nur nach einer Höflichkeitsform
anfühlt, sondern nach einer ernstgemeinten Einladung. Sei es das UNO-Spielen an
unserem Lieblingsort, dem schattenspendenden Mangobaum, das Auspowern beim
Volleyballspielen mit einigen Jugendlichen oder das Besuchen der Chorstunden.
Wenn wir nicht durch solche Aktivitäten beschäftigt sind,
erkunden wir mit Spaziergängen die Umgebung und tätigen unsere Einkäufe an
verschiedenen Essensständen.
Obwohl es hier typisch ist, abends warm zu essen, bewahren
wir uns ein Stück Heimat durch unsere Brotzeit, die häufig durch frische
Maiskolben zu einem Highlight wird.
Am Abend nehmen wir uns Zeit, den Tag Revue passieren zu
lassen und die nächsten Unterrichtsstunden vorzubereiten.
Der hier beschriebene und sich entwickelnde Alltag gibt uns
eine erste Struktur und motiviert uns dazu, an Wochenenden den Campus zu
verlassen, Märkte zu besuchen und durch Ausflüge das Land und die Leute mehr und
auf eine andere Art kennenzulernen.
Es ist schön zu merken, dass ihr euch für unser neues Leben
in Ghana interessiert und unsere Berichte lest!
Hannah und Lene
Zum letzten Satz, liebe Hannah - und auch Lene: ja, an Euch "Neu-Afrikanerinnen" denke ich viel , aber zum Mitlesen komme ich oft kaum ...
AntwortenLöschenMacht's gut,
Daumendruck & kabellose geistige Schützenhilfe aus dem fernen Berlin, Euer I. Thomas [A.] Korde