Hallo Leute,
hier kommt endlich der längst überfällige Blogeintrag zu unserem zweiwöchigen Seminar in Tamale. Wir haben in den Adventswochen einfach keine Zeit gefunden darüber zu berichten, weil wir so damit beschäftigt waren, Plätzchen mit dem ausgeliehenen Ofen von Rita zu backen, uns Weihnachtsgeschenke zu überlegen, am „Deutschlandprojekt“ (siehe Blogeintrag vom 15. Dezember) zu arbeiten oder uns direkt für das nächste Seminar, dem „großen Zwischenseminar“ mit unseren deutschen Ansprechpartnern in Tanzania, vorzubereiten.
Unser Seminar, auch „Cultural Orientation Course” genannt, startete Anfang November im „Tamale Institute of Intercultural and Language Studies (TIICLS)“, auf dessen Gelände wir für 2 Wochen untergebracht gewesen sind.
Tamale – das ist die Hauptstadt der Northern Region und liegt ungefähr 162 Kilometer von Bolgatanga entfernt. Der Hauptteil der Einwohner gehören der ethnischen Gruppe der Dagomba (Dagbamba, Dagbane) an und sprechen die Sprache Dagomba oder auch Dagbani.
TIICLS-Institut
Nach nun schon mehr als zwei Monaten Aufenthalt in Bolgatanga stand unsere erste „große“ Reise an. Aufgeregt und mit vielen Fragen wie zum Beispiel, was und wer uns wohl erwarten wird, starteten wir am 4. November in Richtung Tamale.
Schon die Hinreise ist eine interessante Erfahrung gewesen, da nicht wie in Deutschland Linienbusse oder Züge in die nächstgrößeren Städte fahren, sondern Fahrgemeinschaften in Kleinbussen oder Vans gebildet werden. Wir fuhren morgens zur Station, sicherten uns einen Platz und warteten darauf, dass sich der Truck mit Mitfahrern füllt. Die Autos fahren nicht nach bestimmten Uhrzeiten, sondern erst dann, wenn ein Van mit ungefähr 12 Passagieren gefüllt ist. Deshalb kann es passieren, dass man um die zwei Stunden warten muss, bis der Fahrer alle Tickets verkauft hat und die Reise losgehen kann.
Das Programm der zwei Wochen folgte dem Thema „Learning and Networking“: es setzt sich aus morgendlichen Vorträgen, Gesprächen und Diskussionen zu kulturellen Themen und mittäglichen Ausflügen zusammen.
Zu den morgendlichen Vorträgen kamen extra Professoren aus den umliegenden Universitäten, um uns bestimmte kulturelle Themen näher zu bringen. So bekamen wir einen Überblick über Nordghana, sprachen über Verwandtschaftssysteme, setzten uns mit der modernen Rolle der traditionellen Herrschaften auseinander oder diskutierten über den intrareligiösen Dialog in Ghana. Doch auch persönliche Themen fanden ihren Platz; deshalb betrachteten wir interkulturelle Unterschiede und "Do´s and Dont`s" im Alltag.
Am Nachmittag besuchten wir in der ersten Woche einen „Shea Butter processing center“, eine lokale Topfindustrie oder eine Bierbrauerei, in der wir „Pitobeer“ probieren konnten. Pitobier ist eine für den Norden typische Biersorte, die durch eine Fermentierung von Hirse oder Mais gewonnen wird. Traditionell tranken wir dies aus einer Kalabasse-Schale (Hülle des Flaschenkürbisses Kalabasse/ Kalebasse).
Außerdem besichtigten wir die University in Tamale und ihre Bücherei und erkundeten Tamale-city.
Ein Highlight stellte auch der Besuch der Kintampo Waterfalls dar. Samstag morgens sind wir um sechs Uhr früh zu der großen Station in Tamale Zentrum aufgebrochen. Da TICCLS etwas außerhalb von Tamale liegt, nahmen wir ein YellowYellow (siehe Bild).
Nach einem Frühstück am Straßenrand, einiger Wartezeit und 4 Stunden Busfahrt kamen wir an.
Die Kintampo Waterfalls zählen zu den höchsten Wasserfällen Ghanas und liegen ungefähr vier Kilometer von der Gemeinde Kintampo entfernt. Sie gehören zu dem Pumpum River, einem Nebenfluss von dem Black Volta, und stammt aus der 10 Kilometer entfernten Quelle in dem Dorf Pumpumatifi. Entdeckt in dem 18. Jahrhundert, werden die Wasserfälle seit 1992 für touristische Zwecke genutzt.
Mit einem Touristenführer besichtigten wir alle drei großen Gefälle und konnten schlussendlich unter dem letzten Wasserfall, welcher eine Höhe von 70 Metern misst, baden gehen. Das kalte Wasser stellte eine gute Erfrischung für das warme Wetter dar. Zudem war ein Senior Highschool aus Tamale für einen Schulausflug vor Ort, mit der wir zusammen viel Spaß hatten.
Danach konnten wir von einem Pickup-Fahrer ins Zentrum von Kintampo mitgenommen werden, wo wir uns noch mit frittierten Yam, Brot, Kochbananen und frischer Mango und Wassermelone eindeckten. Erschöpft nahmen wir einen Minibus zurück.
In der zweiten Woche stand „Networking“ im Vordergrund: morgens setzten wir uns mit dem Umgang mit kulturellem und sprachlichem Lernen auseinander. Dabei bekamen die DamongoFreiwilligen die Möglichkeit, Gonja zu lernen, und wir konnten unsere Grune/Frafra-Kenntnisse in insgesamt 4 Stunden mit einem Sprachlehrer erweitern.
Wir empfanden es als sehr hilfreich, Rückmeldung zu unserer Aussprache zu kriegen, und abgesehen von den Begrüßungsformen, die wir schon durch Konversationen in Bolga erlernt hatten, einige Sätze zu erlernen. Um einige Beispiele zu nennen, wir lernten "Dia la an wani?" (How is the food?), oder "Hu dela yuuma ale?" (How old are you?) oder "N'yeti n dala" (I want to buy) für Marktbesuche, sowie Komplimente wie "Farafara" (Well done) oder "Hu ansunja!" (You are looking beautiful!).
Allerdings meinte es unser Sprachlehrer sehr gut mit uns und versuchte uns Vergangenheits- und Zukunftsformen beizubringen, mit denen wir immer noch überfordert sind.
Am Montag wurden wir dann alleine in die Umgebung mit der Aufgabe entlassen, mit den Menschen in Kontakt zu kommen und mit ihnen den Nachmittag zu verbringen. Trotz unser fehlenden Sprachkenntnisse in Dagomba kamen interessante Begegnungen zustande: Gespräche mit der Indomienudel-Verkäuferin, mit einigen Studenten, Unterricht in dem Holzspiel Oware oder Spiele mit einigen Kindern.
An einem anderem Nachmittag besuchten wir ein kleines Dorf, in dem wir einen Nachmittag das Dorfleben beobachten durften. Nachdem wir den Chief einen Besuch abstatteten, trafen wir auf einige Frauen, welche mit ihren Kindern unter einem Baum saßen. Wir haben häufig die Erfahrung gemacht, dass Kinder uns entweder sehr ängstlich begegnen oder von total fasziniert sind. So konnten wir uns in Begleitung einiger Kinder die Schule und die Fußballplätze
anschauen und eine Mutter nahm uns mit auf eine ihrer Farmen, wo sie Gemüse für das Abendessen erntete.
Aus dem TICCLs-Institut begleitete Steven uns durchgängig zu unseren Ausflügen. Besonders genossen haben wir die Pickup-Fahrten mit ihm, bei denen wir stets auf der Ladefläche sitzen durften.
Nachdem wir uns an einem Morgen mit dem Thema "Witchcraft" (Hexerei) und "Divination" (Wahrsagerei) auseinandergesetzt haben, besuchten wir einen anerkannten Wahrsager, welcher uns seine Arbeit erklärte und Fragen beantwortete. Einige von uns ergriffen auch die Chance, sich von ihm die Zukunft vorauszusagen. Daran gebunden ist immer eine Aufgabe, wie an einem bestimmten Tag Kekse an Kinder zu verteilen, damit die Zukunft in der Art zustande kommt.
Das Thema Schulbildung hat uns besonders interessiert, da es uns alltäglich begegnet, weshalb wir gerne ein wenig von dessen Geschichte berichten möchten:
Ghana, welches damals unter dem Namen Goldküste bekannt war, erregte aufgrund seiner Ressourcen wie Gold, Erdöl oder Diamanten das Interesse von europäischen Mächten. Darunter fielen beispielsweise Portugal, die Niederlanden, Deutschland und Großbritannien. Letztere erklärte Ghana im Jahr 1874 zur Kronkolonie, und 1901 wurden auch die nördlichen Teile Ghanas endgültig annektiert und von Accra aus verwaltet.
Sie entschieden sich, ghanaischen Kindern eine formale Bildung zu ermöglichen. Diese bestand aus dem Erlernen von Lesen, Schreiben und Rechnen. Sie konzentrierten sich dabei nur auf die südlichen Gebiete wie Cape Coast oder Accra. Später expandierten sie dieses System in Richtung Kumasi. Seit dem 18. Jahrhunderts wurden mehr Fächer eingeführt.
Am 6. März 1957 erlangte Ghana ihre Unabhängigkeit. Seitdem erweitert sich das Bildungssystem kontinuierlich und eine allgemeine Schulpflicht wurde eingeführt, die mit dem sechsten Lebensjahr beginnt und neun Jahre beträgt. Dabei war ihr System stark an das der Briten angelehnt.
Um die aktuelle Bildungssituation, besonders in Nordghana, zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass zwischen der ersten Schule im Süden und der im Norden ungefähr 100 Jahre lagen. Erst im 19. Jahrhundert erreichte die Schulbildung, wie sie im Süden praktiziert wurde auch nördliche Gebiete. Als sich dann ein Bildungssystem in den nördlichen Gebieten entwickelte entstand eine Menge Widerstand der Bewohner. Aus traditionellen und religiösen Gründen wurde die Relevanz von Bildung nicht immer akzeptiert. Viele Eltern wollten ihr Kinder nicht zur Schule schicken, da somit wichtige Hilfskräfte bei der alltäglichen Arbeit oder im Familienleben wegfielen. Vorerst wurden auch hauptsächlich Jungen zur Schule geschickt. Mädchen gingen entweder gar nicht zur Schule oder beendeten ihre Schullaufbahn nach der Primary School.
Mit der Zeit und der Einführung der Schulpflicht (2005) änderte sich die Situation. Trotzdem vollzieht sich weiterhin eine Wanderung in Richtung der südlicheren Bereiche, welche meist besser ausgebaut sind. Beliebte Ziele sind Kumasi, Sunyani, Accra und Tema.
Wir fanden es total schwierig, die zwei erlebnisreichen Wochen kompakt zusammenzufassen.
Außerdem war es uns wichtig, euch zu einem Thema ein wenig Input zu geben. Wir hoffen, euch hat unser Blogeintrag gefallen! Wir sind offen für Verbesserungsvorschläge oder auch Themenideen.
Ganz liebe Grüße
Lene und Hannah
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